Perspektive

Willkürliche Hinrichtung im Westjordanland: Trumps „Friedensabkommen“ in der Praxis

Screenshot aus dem palästinensischen Staatsfernsehen, kurz nachdem israelische Soldaten Anfang dieser Woche bei einer Razzia in Dschenin zwei Palästinenser hingerichtet hatten [Photo: Palestine National TV]

Am Donnerstag führten israelische Streitkräfte eine willkürliche Hinrichtung von zwei unbewaffneten Palästinensern im Westjordanland durch, nachdem diese sich zuvor ergeben hatten. Der Vorgang wurde live auf Video aufgezeichnet.

Die Opfer, Yusef 'Asa'sah, 39, und al-Muntaser bel-lah 'Abdallah, 26, sind in dem Video zu sehen. Sie ziehen ihre Hemden hoch, um zu beweisen, dass sie keine Waffen tragen, und ergeben sich auf dem Boden liegend. Israelische Streitkräfte weisen sie an, ein Gebäude zu betreten, lassen sie sich auf den Boden legen und erschießen sie dann mit mehreren Schüssen aus automatischen Gewehren.

Seit Beginn des Völkermords im Gazastreifen haben israelische Streitkräfte und Siedler über 1.000 Palästinenser im Westjordanland getötet. Die Täter werden dabei nicht strafrechtlich verfolgt. Der Sprecher des Menschenrechtsbüros der Vereinten Nationen, Jeremy Laurence, sagte, diese „dreiste Tötung“ sei „eine weitere offensichtliche willkürliche Hinrichtung“.

Die Schüsse fielen im Rahmen eines andauernden Angriffs auf das Flüchtlingslager Dschenin im Westjordanland. „Jeder konnte sehen, dass sie keine Gefahr für die israelischen Streitkräfte darstellten”, sagt Shai Parnes von der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem, „dennoch beschlossen die Soldaten, sie zu erschießen und auf der Stelle zu töten.”

Die summarische Hinrichtung, die nach internationalem Recht ein Kriegsverbrechen darstellt, wurde vom israelischen Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, offen verteidigt. Er erklärte: „Die [israelischen] Kämpfer haben genau so gehandelt, wie man es von ihnen erwartet – Terroristen sollten sterben.“

Erstmalig seit Beginn des Völkermords in Palästina am 7. Oktober 2023 wurden bei diesem Vorfall Aufnahmen veröffentlicht, die zeigen, wie israelische Streitkräfte eine summarische Hinrichtung mit Handfeuerwaffen durchführen. Laut Augenzeugenberichten und direkten physischen Beweise kommen solche Hinrichtungen jedoch dutzend- oder gar hundertfach vor.

Im April 2024 wurden fast 300 Leichen in einer Reihe von Massengräbern in der Nähe des Nazer-Krankenhauses im südlichen Gazastreifen entdeckt. Viele der Toten waren mit Handschellen gefesselt und es gab Anzeichen dafür, dass sie aus nächster Nähe erschossen worden waren.

Die Opfer dieser Hinrichtungen sind nur ein Teil der mehr als 60.000 Palästinenser, die seit Beginn des Völkermords in Gaza vor fast zwei Jahren durch israelische Kugeln und Bomben getötet wurden. Zehntausend Weitere sind an Hunger, Krankheiten und Entbehrungen gestorben.

Wenn israelische Streitkräfte unbewaffnete Palästinenser vor laufenden Kameras hinrichten und dann das Kabinett der israelischen Regierung diese Handlungen auch noch verteidigt, so wird deutlich, dass das von Israel und der Hamas unterzeichnete „Friedensabkommen“ nichts anderes ist als ein Ermächtigungsgesetz für den Völkermord in ganz Palästina. Israel treibt den Plan zur Annexion des Gazastreifens und des Westjordanlands voran.

Vor einer Woche stand Zohran Mamdani, der neu gewählte Bürgermeister von New York City und Mitglied der Democratic Socialists of America, hinter Präsident Trump und grinste, als Trump erklärte: „Wir haben jetzt tatsächlich zum ersten Mal seit 3.000 Jahren Frieden im Nahen Osten.“ Zu Trumps Handlungen sagte Mamdani, er „schätze alle Bemühungen um Frieden“.

Trump ist ein führender Architekt des Völkermords in Gaza und öffentlicher Befürworter ethnischer Säuberungen. Seine Behauptung ist ein lächerlicher Betrug. Aber die US-Medien haben Trumps Lüge von der Herbeiführung des „Friedens“ in Palästina aufgegriffen und weitgehend aufgehört, über Israels Massenmorde in Gaza, im Westjordanland, im Libanon und in Syrien zu berichten. Die New York Times beispielsweise berichtete in ihrer Freitagsausgabe über die israelischen Hinrichtungen im Westjordanland erst ziemlich weit hinten im Blatt.

Anfang dieses Monats wurde Trumps „Friedensabkommen“ vom UN-Sicherheitsrat gebilligt. Der Sicherheitsrat verabschiedete am 17. November eine Resolution, in der er „die historische Erklärung Trumps für dauerhaften Frieden und Wohlstand“ begrüßte und die „konstruktive Rolle der Vereinigten Staaten von Amerika“ lobte.

Diese beschämende Resolution wurde nicht nur mit den Stimmen der imperialistischen Mächte – Frankreich, Großbritannien, USA – verabschiedet, sondern auch mit den Stimmen der bürgerlichen Regime Algeriens und Pakistans und mit Unterstützung der Palästinensischen Autonomiebehörde. China und Russland, die die Resolution mit einer Nein-Stimme hätten blockieren können, enthielten sich der Stimme.

Wie Craig Mokhiber, ehemaliger Direktor des New Yorker Büros des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, erklärte: „Kein einziges Mitglied des Rates hatte den Mut, die Prinzipien oder den Respekt vor dem Völkerrecht, um gegen diesen kolonialistischen Skandal der USA und Israels zu stimmen.“

Der Trump-Plan schafft den Rahmen für die dauerhafte neokoloniale Herrschaft über Palästina und überträgt die Regierung des Gazastreifens unter Missachtung des Selbstbestimmungsrechts an einen „Friedensrat“ unter der Führung der imperialistischen Mächte, angeführt von Trump und dem ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair.

Nach diesem Plan behält Israel die Kontrolle über mehr als die Hälfte des Gazastreifens. Israel unternimmt dabei Schritte, um diese Besatzung im Sinne einer systematischen Annexion des Gazastreifens dauerhaft zu machen.

Seit der Erklärung des „Waffenstillstands“ am 10. Oktober hat Israel dessen Bedingungen über 500 Mal verletzt, dabei 350 Palästinenser getötet und etwa 900 weitere verletzt. Israel hat fast täglich Angriffe im gesamten Libanon durchgeführt und diese Woche einen Luftangriff in Syrien geflogen, bei dem 13 Menschen getötet wurden.

Der „Friedensplan“ hat es Israel darüber hinaus ermöglicht, seine Aufmerksamkeit auf das Westjordanland zu richten, als Teil eines systematischen Projekts zur Annexion ganz Palästinas zu einem „Groß-Israel“. Die Angriffe auf den Libanon und Syrien sind darüber hinaus Vorbereitungen für einen Krieg gegen den Iran.

Im September kündigte Netanjahu einen Plan zur Ausweitung der israelischen Siedlungen im Westjordanland an, wodurch das palästinensische Gebiet praktisch in zwei Hälften geteilt würde. Der Siedlungsplan zielt nach den Worten des israelischen Finanzminister Bezalel Smotrich darauf ab, „die Idee eines palästinensischen Staates zu begraben“.

Im Oktober stimmten israelische Abgeordnete mit 25 zu 24 Stimmen für einen Gesetzentwurf, der besagt, dass „die Gesetze, das Rechtssystem, die Verwaltung und die Souveränität des Staates Israel für alle Siedlungsgebiete in Judäa und Samaria gelten sollen“.

Diese Maßnahmen gehen einher mit einer Welle von Gewalt durch Siedler gegen die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland. Bislang wurden über 1.000 Palästinenser bei Angriffen von Siedlern verletzt, doppelt so viele wie im Vorjahr, und Zehntausende wurden von der israelischen Regierung gewaltsam vertrieben.

Die Ereignisse seit der Ankündigung des sogenannten „Waffenstillstands“ im Gazastreifen haben diejenigen, die Trumps „Friedensplan“ befürworten – darunter die Mainstream-Medien, die Demokratische und die Republikanische Partei, die imperialistischen Mächte Europas und die bürgerlichen Regime der arabischen Welt – gründlich bloßgestellt.

In den Vereinigten Staaten wurde dieses neokoloniale Vorhaben von der Biden-Regierung und der Demokratischen Partei ins Leben gerufen und wird nun unter Trump und den Republikanern „vollendet“. Diese parteiübergreifende Einigkeit kam letzte Woche in Mamdanis grotesker Darbietung zum Ausdruck. Ein nicht unerheblicher Faktor bei Mamdanis Wahl war die Ablehnung des Völkermords durch die Bevölkerung. Nun verspricht er eine „Partnerschaft“ mit dessen Hauptarchitekten, Trump.

Der Völkermord in Palästina ist Teil eines weitaus umfassenderen imperialistischen Krieges, der sich vom Nahen Osten über die Ukraine bis zum asiatisch-pazifischen Raum erstreckt. Um ihn zu beenden, muss die internationale Arbeiterklasse mobilisiert werden. Die Arbeiterklasse ist als einzige Kraft in der Lage, die Kriegsmaschinerie zu stoppen.

Im Nahen Osten bedeutet dies: Kampf für die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse von allen Fraktionen der Kapitalistenklasse und eine möglichst enge Aktionseinheit mit Arbeitern in den imperialistischen Zentren Nordamerikas und Europas. Auf dieser Grundlage müssen die Arbeiter in der gesamten Region für ihre demokratischen und sozialen Rechte kämpfen, basierend auf der Perspektive der Vereinigten Sozialistischen Staaten des Nahen Ostens. Dieses Ziel ist untrennbar mit dem Sieg der internationalen Arbeiterklasse über den Imperialismus verbunden und mit der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft weltweit.

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