Der französische Präsident Emmanuel Macron bekräftigte am Wochenende in einem Interview mit der Zeitung Le Parisien, dass „irgendwann“ Operationen von Bodentruppen in der Ukraine notwendig sein könnten.
Vor dem Interview mit Le Parisien hatte Macron am Freitag an einem Gipfeltreffen in Berlin teilgenommen, bei dem Frankreich, Deutschland und Polen ihre gemeinsame Unterstützung für eine Eskalation des Kriegs gegen Russland erklärten. Hintergrund des Treffens ist das drohende militärische Debakel der ukrainischen Streitkräfte an der Front.
Macron erklärte gegenüber Le Parisien: „Es ist unsere Pflicht, uns auf alle Szenarien vorzubereiten. ... Ich bin übrigens überzeugt, dass in bestimmten Szenarien jeder, seinen Möglichkeiten entsprechend, seine Verantwortung übernehmen wird.“
Macron machte deutlich, dass die europäischen Mächte eine Intervention mit Bodentruppen in der Ukraine vorbereiten, was einen Atomkrieg zwischen der Nato und Russland auslösen könnte: „Vielleicht wird es irgendwann – ich will es nicht, ich würde diese Initiative nicht ergreifen wollen – notwendig sein, in welcher Form auch immer, mit Bodentruppen zu operieren, um den russischen Truppen entgegenzutreten. Frankreichs Stärke liegt darin, dass wir dazu in der Lage sind.“
Er bekräftigte erneut, dass die europäischen Mächte die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine zum Kampf gegen Russland planen: „Viele europäische Länder, und nicht nur die kleinsten, sind völlig auf unserer Linie.“
Nur wenige Wochen zuvor hatte Macron bereits am 26. Februar bei einer Pressekonferenz in Paris erklärt, die Nato-Mächte würden die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine zum Kampf gegen Russland nicht ausschließen. Damals sagte er, um einen russischen Sieg in der Ukraine zu verhindern, sei „alles möglich“, und auch die Entsendung von Truppen durch einzelne europäische Staaten sei „nicht ausgeschlossen“.
Nachdem Macron die Entsendung von Truppen in die Ukraine angesprochen hatte, spielten französische Regierungsvertreter seine Äußerungen zunächst herunter und behaupteten, es gäbe in diese Richtung keine konkreten Pläne. Außenminister Stéphane Séjourne argumentierte, Paris könnte Truppen für spezielle Anforderungen schicken, aber nicht zum Kampf gegen Russland: „Wir müssen neue Maßnahmen in Betracht ziehen, um die Ukraine zu unterstützen. Diese müssen sehr spezifischen Bedürfnissen entsprechen. Ich denke besonders an Minenräumen, Cyberabwehr, die Produktion von Waffen vor Ort, auf ukrainischem Gebiet.“
Séjourne fügte hinzu: „Einige dieser Maßnahmen könnten eine Präsenz auf ukrainischem Territorium erfordern, ohne jedoch die Grenze zum Kampf zu überschreiten. Nichts sollte ausgeschlossen werden. Das war und ist noch immer die Position des Präsidenten der Republik.“
Doch Macrons jüngstes Interview und seine Äußerungen beim Gipfeltreffen in Berlin letzte Woche entlarven Séjournes Dementis als Lügen. Sie sollen nur sicherstellen, dass die Kriegspläne gegen Russland und die Gefahr eines Atomkriegs vor der Arbeiterklasse verheimlicht werden. In Wirklichkeit hat Macron mehrfach betont, Frankreich müsse bereit sein, seine eigenen Streitkräfte für einen Krieg gegen Russland einzusetzen.
Le Parisien fragte Macron: „Bereitet der Generalstab militärische Szenarien vor, für alle Fälle?“ Macron antwortete darauf: „Es ist unsere Pflicht, uns auf alle Szenarien vorzubereiten. Es wäre ein Fehler, es wäre falsch, das nicht zu tun.“
Mit solchen Äußerungen machen die europäischen Nato-Mächte den Weg für eine Eskalation zum Dritten Weltkrieg zwischen der Nato und Russland frei, und dies könnte bis hin zum Einsatz von Atomwaffen gehen.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat bestätigt, dass die von den Nato-Mächten angedrohte Truppenstationierung eine enorme Eskalation des Kriegs in Gang setzt. Letzte Woche hat Putin gewarnt: „Vom militärisch-technischen Standpunkt aus sind wir natürlich bereit. ... Was die Regierungen betrifft, die behaupten, keine roten Linien mehr gegenüber Russland zu kennen, so müssen sie wissen, dass Russland in diesem Fall ihnen gegenüber auch keine roten Linien mehr kennen wird.“
Macron reagierte auf Putins Äußerungen über die Gefahr eines Atomkriegs in seinem TF1-Interview am Donnerstag zur Hauptsendezeit mit eigenen Drohungen: „Wir müssen uns zuallererst beschützt fühlen, weil wir eine Atommacht sind. Wir sind bereit; wir haben eine Doktrin [für den Einsatz von Atomwaffen].“
Trotz Putins Warnung spielt Macron die Kriegsgefahr herunter und ignoriert die potenziell katastrophalen Folgen ihrer Drohungen gegen Russland.
So erklärte er gegenüber Le Parisien zu den Berichten, er habe einen Besuch in der Ukraine abgesagt, um am Kriegsgipfel in Berlin teilzunehmen: „Ursprünglich wollte ich in die Ukraine reisen. Ich habe Präsident Selenskyj erklärt, es sei für mich wichtiger, Deutschland und Polen davon zu überzeugen, gemeinsam mit mir mehr und anderes zu tun. In die Ukraine werde ich später fahren.“
Ein weiterer Faktor, der eine wichtige Rolle bei Macrons Entscheidung gespielt haben dürfte, war das Ergebnis der Reise des griechischen Ministerpräsidenten Kiriakos Mitsotakis am 6. März in die Ukraine zu einem Treffen mit Selenskyj. Während sich Selenskyj und Mitsotakis in der Hafenstadt Odessa aufhielten, explodierte in der Nähe ihres Treffpunkts eine russische Rakete. Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew bestätigte in einem Post auf seinem Telegram-Kanal, dass es sich hierbei um eine Drohung gegen Nato-Staatschefs handele, die die Ukraine besuchen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Medwedew drohte: „Es ist für alle klar ersichtlich, dass es in Odessa keinen Angriff auf die Gruppe gab. Wenn sie das Ziel gewesen wäre, wäre es getroffen worden. ... Aber es ist trotzdem bedauerlich. Es ist zu schade, dass sie an einen Ort gekommen sind, der im Vorfeld angekündigt wurde.“
Innerhalb des französischen kapitalistischen Staats wächst in Teilen des Militärs die Besorgnis über die rapide wachsende Gefahr einer militärischen Eskalation. Das rechte sozialdemokratische Magazin Marianne veröffentlichte eine Liste von Erklärungen aus dem französischen Militär, u.a. von einem anonymen hochrangigen Offizier, der erklärte: „Wir sollten uns nichts vormachen, im Vergleich zu den Russen haben wir eine Armee von Cheerleadern.“
Russland verfügt über 1.5 Millionen aktive Soldaten, Frankreich über 205.000, Deutschland über 184.000 und Italien über 170.000. Macron gab am Donnerstagabend auch zu, dass die russische Artillerie der ukrainischen trotz massiver Nato-Militärhilfe an der Front 10:1 überlegen ist. Deshalb drängt Macron darauf, die allgemeine Wehrpflicht wieder einzuführen, und die EU fordert die Umwandlung Europas in eine Kriegswirtschaft.
Letzte Woche bewilligte die französische Nationalversammlung mit großer Mehrheit ein auf zehn Jahre angelegtes Sicherheitsabkommen zwischen Frankreich und der Ukraine. Das Abkommen sieht eine verstärkte militärische Zusammenarbeit vor, insbesondere in den Bereichen Artillerie und Luftverteidigung. Wie der französische Premierminister Gabriel Attal erklärte, wird Paris im Jahr 2024 „zusätzliche Unterstützung in Höhe von bis zu drei Milliarden Euro bereitstellen“. Die Milliarden, die für den Krieg in der Ukraine ausgegeben werden, sollen durch massive Kürzungen bei den Sozialausgaben finanziert werden, wie z. B. Macrons hochgradig unpopuläre Rentenreform im letzten Jahr.
In der Bevölkerung ist eine breite Mehrheit gegen die Entsendung europäischer Bodentruppen in die Ukraine: Laut Umfragen lehnen 81 Prozent der deutschen und 68 Prozent der französischen Bevölkerung sie ab. Doch trotz des überwältigenden Widerstands der Arbeiter und Jugendlichen gegen die Eskalation des Kriegs wird die Öffentlichkeit über die unmittelbare Kriegsgefahr im Dunkeln gelassen, während die herrschende Klasse bei ihren militärischen Verschwörungen keinen Widerstand aus dem politischen Establishment zu fürchten hat.
Es ist notwendig, Arbeiter und Jugendliche gegen den Krieg zu mobilisieren, den Macron hinter ihrem Rücken vorbereitet. Weder die Gewerkschaftsbürokratien noch ihre Verteidiger unter den pseudolinken Parteien lehnen die Kriege und Verbrechen des französischen Imperialismus ab oder werden sie bekämpfen.
Der einzige Ausweb besteht darin, Antikriegsveranstaltungen und Proteste mit dem Ziel zu organisieren, eine internationale Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse aufzubauen. Sie wird auf der Grundlage einer revolutionären sozialistischen Perspektive gegen den imperialistischen Krieg kämpfen und den Kapitalismus, der ihm zugrunde liegt, abschaffen.